Behinderte Tochter getötet – Mutter würde «es wieder tun»
Mutschellen-Reusstal-Kelleramt 09.09.2024 - 11:59
Eltern aus dem Aargau sollen ihre schwer behinderte Tochter getötet haben. Die Dreijährige sei ihnen lästig gewesen, wirft die Staatsanwaltschaft vor.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Jahr 2020 starb im Aargau ein schwer behindertes Meitli.
- Die Eltern sollen der Dreijährigen Ecstasy verabreicht und sie erstickt haben.
- Schon ein Jahr zuvor hatten sie versucht, die Tochter zu töten, heisst es.
Aus Egoismus soll ein Elternpaar im Mai 2020 laut Aargauer Staatsanwaltschaft seine dreijährige Tochter getötet haben. Das schwer behinderte Kind sei ihnen lästig gewesen. Das Paar und die Grossmutter des Mädchens stehen seit Montag vor Bezirksgericht Bremgarten AG.
Wie die Staatsanwältin in der Anklageschrift schreibt, haben der heute 34-jährige Vater und die 32-jährige Mutter ihre kleine Tochter am Abend des 6. Mai 2020 mit einer hohen Dosis Ecstasy töten wollen. Als das Kind nach einer Weile noch lebte, habe die Mutter es auf den Schoss genommen, während der Vater ihm mit der Hand Mund und Nase zugehalten habe, bis es tot gewesen sei.
Eltern waren laut Anklage völlig überfordert
Bereits im Oktober 2019 hatten die Eltern laut Anklage erfolglos versucht, ihre Tochter mit einer Überdosis Schlafmittel zu töten. Das Kind war schwer zerebral beeinträchtigt und nach ärztlicher Meinung lebenslang auf Betreuung rund um die Uhr angewiesen. Die Eltern waren laut Anklage völlig überfordert. Hilfsangebote hätten sie aber kategorisch abgelehnt, ausser von der Grossmutter.
Die Staatsanwältin klagt die beiden des Mordes und des Mordversuchs an. Die 53-jährige Grossmutter des Kindes ist der Gehilfenschaft zum Mord beschuldigt. Sie habe vom Tötungsplan gewusst und Tochter und Schwiegersohn darin bestärkt.
Mutter verteidigt sich: Sie wollte Tochter nur helfen
Die Mutter verteidigt sich vor Gericht. «Ich habe meine Tochter nicht ermordet, ich habe ihr geholfen», sagte sie in der Befragung. Das schwer beeinträchtigte Kind habe zunehmend gelitten.
Sie habe ihre Tochter nicht loswerden wollen. Sie sei ihr nicht lästig gewesen. Wäre dies der Fall gewesen, hätte sie die Tochter ja «einfach in eine Institution geben und einmal im Monat besuchen können».
Damit widersprach sie der Anklage, die Mord aus Egoismus geltend macht. Sie sei glücklich gewesen mit ihrem Kind und habe es geliebt. Die drei gemeinsamen Jahre seien schön gewesen.
Als das Kind neun Monate alt war, waren schwere zerebrale Schäden festgestellt worden. Auf die entsprechende Frage der vorsitzenden Richterin sage die Beschuldigte, sie habe keinerlei Probleme mit beeinträchtigten Menschen. Die Beeinträchtigungen ihrer Tochter seien aber extrem gewesen.
Man habe bemerkt, wie sehr das Kind gelitten habe. Es habe dauernd Schmerzen und zunehmend Krämpfe gehabt, habe kaum schlucken und nicht schlafen können. Und es war dem Kind unmöglich, Kontakt zu anderen Kindern aufzunehmen, wie sie das so gerne getan hätte.
«Ich würde es wieder tun»
Die junge Frau war fast ständig mit ihrer Tochter zusammen, die sehr stark auf die Mutter fixiert war. Stundenweise half die Grossmutter, das Mädchen akzeptierte aber beispielsweise Nahrung nur, wenn die Mutter diese verabreichte. Auch nachts sei sie häufig bei dem Kind gewesen, habe es etwa umgelagert oder gefüttert. Dennoch habe sie sich nicht überfordert gefühlt, sagte die Beschuldigte.
Dass sie dem Kind helfen wollten, indem sie es töteten, das hätten ihr Partner und sie gemeinsam als Lösung angesehen. Sie hätten zuvor versucht, ihr anders zu helfen, aber es sei ihr immer schlechter gegangen. «Wir wollten ihr Leid ersparen.» Sie sollte «nichts mitbekommen, sondern einfach einschlafen».
Sie wisse, dass die Tat strafrechtlich verfolgt werde. Es sei «in Ordnung, heute hier zu sein». Es sei das Richtige gewesen für die Tochter, wenn es auch traurig sei, dass sie nicht mehr da sei. «Ich würde es wieder tun», sagte sie. Am Nachmittag geht die Verhandlung weiter mit der Befragung des Vaters des getöteten Kindes.