Galt als erschossen: Katze taucht nach 11 Jahren wieder auf

Eine Katze verschwindet 2014 im Kanton Solothurn. Elf Jahre später entdeckt eine Schulklasse sie bei einem Ferienhaus – obwohl die Katze als erschossen galt.
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Das Wichtigste in Kürze
- Die Halterin erhält 2014 die Nachricht, dass ihr «Baby» erschossen worden sei.
- Zehn Jahre später taucht die Katze wieder auf.
- Die Tierschutzorganisation Netap geht von einer schrecklichen Lüge aus.
Kaum hat das Frauchen ihre Katze als vermisst gemeldet, kommt die Schocknachricht. «Baby» sei tot am Strassenrand gefunden worden, teilt ihr die Kantonspolizei Solothurn gleichentags am Telefon mit.
Und nicht nur das: Offensichtlich sei ihr Haustier erschossen worden – zwei Kugeln seien in ihrem Körper gefunden worden.
Der Solothurnerin bleibt nichts anderes übrig, als sich mit dem Tod ihrer geliebten Katze abzufinden. In der Heimtierdatenbank Anis meldet sie die Katze im Herbst 2014 als tot.
Doch «Baby» lebt.
Abgemagerte Katze sucht Nähe
Inzwischen sind zehn Jahre vergangen. Es ist Oktober 2025.
Eine Primarschulklasse verbringt das Klassenlager im Ferienheim Beguttenalp. Das Ferienheim befindet sich ob Erlinsbach AG mitten im Wald. Immer wieder taucht eine abgemagerte getigerte Katze auf und sucht die Nähe der Schülerinnen und Schüler.
Die Lehrerin kontaktiert deshalb die Tierschutzorganisation Network for Animal Protection (Netap). Diese schickt Sibylle Wettstein von der Tier-Ambulanz des Vereins «Simbas Welt», um die Katze abzuholen.
«Die Katze wog nur noch zwei Kilo», sagt Wettstein zu Nau.ch. Auch sei sie für eine herrenlose Katze auffällig zahm gewesen. Sofort bringt sie das Büsi zur Untersuchung in die Tierklinik.
Halterin will Katze nicht zurücknehmen
Netap-Präsidentin Esther Geisser versucht derweil herauszufinden, wem die gechippte Katze gehört. In der ANIS-Datenbank ist kein Halter aufgeführt. «Und ANIS selbst fand im Archiv lediglich einen Nachnamen und eine nicht mehr gültige Telefonnummer», sagt Geisser.
Nach einer intensiven Recherche findet sie die Halterin. Diese sei inzwischen nach Zürich gezogen, sagt Geisser. «Sie fiel aus allen Wolken, als ich ihr erklärte, dass wir ‹Baby› gefunden hätten.»
Die geliebte Katze taucht nach über zehn Jahren wieder auf – davon träumen viele Halter, die ihr Tier vermissen. Bei aller Freude wollte die Besitzerin Baby hingegen nicht mehr bei sich aufnehmen.
«Sie begründete dies damit, dass sie jetzt an einer Hauptstrasse wohne und einen Hund habe», sagt Esther Geisser. «In diesem Fall ein vernünftiger Entscheid», so die Tierschützerin. In einem E-Mail, das der Redaktion vorliegt, bestätigt die Halterin, das Eigentumsrecht an Baby an Netap abzugeben.
Polizei durchforstet Datenbank
Doch wie kam es, dass die Polizei Baby vor über zehn Jahren als erschossen meldete, obwohl sie lebt?
Diese Frage liess Esther Geisser keine Ruhe. Sie habe sich deshalb bei der Kantonspolizei erkundigt, ob diese im Herbst 2014 eine erschossene Katze registriert habe. «Das Erschiessen einer Katze ist ein Offizialdelikt und müsste in den Akten der Polizei zu finden sein», sagt Geisser.
Ein ausserordentlich hilfsbereiter Polizist habe die Datenbank durchsucht, sagt die Tierschützerin. «Er stellte fest, dass weder eine solche Tat noch ein entsprechender Anruf bei der Halterin registriert ist.»
Bruno Gribi, Mediensprecher der Kantonspolizei Solothurn, hat auf Anfrage das Polizeijournal für den entsprechenden Zeitraum nochmals durchforstet. «Ich kann bestätigen, dass wir im Journal keinen Eintrag einer erschossenen Katze erfasst haben», sagt er.
Kastration als Hinweis
Esther Geisser hegt den Verdacht, dass jemand «Baby» klaute – und der Halterin eine schreckliche Lüge auftischte. «Wohl wurde die Halterin mit einem fingierten Anruf angelogen, damit sie die Suche nach der Katze aufgibt.»
So vermutet sie, dass sich die Person als Kantonspolizei Solothurn ausgegeben und behauptet habe, die Katze sei erschossen worden.

Dafür spricht laut Geisser auch, dass die Halterin «Baby» in der Vermisstenanzeige als nicht kastriert beschrieb. «Als wir sie holten, war sie aber kastriert.»
Inzwischen hat Netap die Katze in «Frances» umgetauft.
«Ich kam auf den Namen, nachdem ich kurz zuvor ‹Dirty Dancing› geschaut hatte», sagt Esther Geisser lachend. Der ursprüngliche Name gerät dabei nicht in Vergessenheit, trägt Hauptdarstellerin Frances im Film doch den Spitznamen «Baby».
Paten gesucht
Drei Monate nach ihrer Entdeckung ist Frances wieder bei Kräften.
«Sie hat gefressen wie ein Mähdrescher», sagt Sibylle Wettstein. Inzwischen habe sie wieder an Gewicht zugelegt. Auch sei sie von Zecken befreit und geimpft worden und habe eine grosse Zahnsanierung hinter sich.
«Sie ist in eine Seniorengruppe integriert und fühlt sich dort pudelwohl», sagt Esther Geisser. Aktuell sucht Netap Patinnen und Paten, die mithelfen, Frances' Tierarztkosten zu begleichen.













