In Solothurn entstand heimlich ein Sterbezentrum – Empörung

Andrea Schüpbach
Andrea Schüpbach

Thierstein,

Eine US-Künstlerin nimmt Sterbehilfe in Nunningen SO in Anspruch. Das Zentrum ist umstritten. Eine Bewilligung fehlt gemäss Gemeinde.

sterbehilfe
Die Stiftung Pegasos kaufte den ehemaligen Landgasthof Roderis. Statt einem Gasthaus entstand aber ein Sterbehilfezentrum. - Google Street View

Das Wichtigste in Kürze

  • Die US-Künstlerin Jackie Ferrara reiste nach Solothurn, um zu sterben.
  • Bei der Stiftung Pegasos nahm die 95-Jährige Sterbehilfe in Anspruch.
  • Aktuell läuft ein Rechtsstreit zwischen der Gemeinde Nunningen und Pegasos.
  • Die Stiftung wurde in Vergangenheit von Angehörigen von «Kunden» kritisiert.

Jackie Ferrara (†95) darf in den USA nicht freiwillig sterben. In zwölf Bundesstaaten ist Sterbehilfe (MAID) zwar erlaubt. Dafür muss eine Person aber unheilbar krank sein und eine Lebenserwartung von sechs oder weniger Monaten haben.

Das ist bei der amerikanischen Künstlerin (für ihre einzigartigen Holzskulpturen bekannt) aber nicht der Fall. Kürzlich erklärte sie in einem Interview, dass sie auch mit 95 Jahren noch gesund sei. Sie sei aber bereit zu gehen.

Ferrara entscheidet sich deshalb, in die Schweiz zu reisen. Letzten Mittwoch ist die Bildhauerin in Nunningen SO gestorben. Dort hat sie die Sterbehilfe der Basler Stiftung «Pegasos» in Anspruch genommen. Zahlreiche US-Medien berichten über Ferraras Tod.

jackie ferrara
Jackie Ferrara ist mit 95 Jahren freiwillig aus dem Leben geschieden. - Instagram

Was in amerikanischen Medien aber nicht zu lesen ist: «Pegasos» ist in Nunningen höchst umstritten. 417 Personen fordern in einer Petition, das Sterbehilfezentrum zu verlegen.

Die Organisation erwarb den Landgasthof Roderis – und führt dort seit Februar 2024 in einem neu errichteten Anbau Freitodbegleitungen durch.

Anwohner sind dagegen: «Sehe das Auto, das die Toten holt»

Als die Organisation den Gasthof kaufte, dachten viele Nachbarn an einen ganz normalen Neubau. Von einem «Gästehaus» war eigentlich die Rede.

In der «SRF Rundschau» melden sich nun diverse Anwohner zu Wort.

Einer von ihnen ist Rudolf Christ: «Die Leute wurden hintergangen – im ganzen Dorf ist sicher die Hälfte dagegen.»

sterbehilfe
Viele Anwohner wussten zu Beginn nicht, dass im Anbau eines Gasthofs Leute in den Tod begleitet werden. - SRF

Ein anderer will anonym bleiben: «Es ist einfach viel zu nah. Am Abend macht es mich am meisten betroffen, weil ich weiss, dass es gerade passiert. Ich sehe das Auto, das die Toten holen kommt. Die Lichter im Haus brennen – dann kann ich nicht kein Mitgefühl haben für diese Seelen.»

Rechtsstreit tobt – Sterbehilfe in Nunningen SO geht weiter

Wie die «Basler Zeitung» zuerst berichtete, verlangt die Nunninger Baukommission von Pegasos ein Umnutzungsgesuch für das «Gästehaus». Die Stiftung erhob dagegen Beschwerde.

Sterbehilfe in der Schweiz für Ausländer: Findest du das in Ordnung?

Der Rechtsstreit ist noch nicht behoben. Die Freitodbegleitungen laufen weiter. Auf der Website schreibt die Stiftung: «Entgegen aktuellen Gerüchten sind wir uneingeschränkt für unsere Patientinnen und Patienten da.»

Freitod-Begleitungen sind in der Schweiz legal. In den vergangenen Jahren wurden mehrere neue Organisationen gegründet. Einige von ihnen akzeptieren auch Sterbewillige aus dem Ausland. So auch «Pegasos».

Engländerin erfuhr per Whatsapp vom Tod ihrer Mutter

Die Stiftung sorgt auch in ausländischen Medien immer wieder für Negativ-Schlagzeilen. Nau.ch berichtete im August etwa über den Fall der Engländerin Megan Royal.

Megan Royal
Megan Royal wurde von Pegasos per Whatsapp über den Tod ihrer Mutter informiert. - SRF

Ihre Mutter nahm Sterbehilfe in der Schweiz in Anspruch. Megan wurde von Pegasos schliesslich per Whatsapp (!) über deren Tod informiert.

Megan ist am Boden zerstört: «Das ist eine Beleidigung. Das Ganze geschah ohne jede Würde.» Vom Sterbewunsch ihrer Mutter wusste sie nichts.

Pegasos-Mitarbeiter: «Effizient, ohne aufwändigen Papierkram»

Sean Davison organisiert für Pegasos die Reisen aus England in die Schweiz. Er nennt das Vorgehen seines Arbeitgebers hingegen «effizient, ohne den ganzen aufwändigen Papierkram».

sterbehilfe
Gegen Sean Davison wird in Grossbritannien ermittelt. - SRF

Zudem seien neue Regeln eingeführt worden. «Klar, es wurden Fehler gemacht. Aber sie werden nicht mehr vorkommen. Jetzt gilt: Jede Person, die in die Schweiz kommt, muss ihre Familie informiert haben – es muss ein Gespräch mit Pegasus stattfinden.»

In Grossbritannien wird gegen Sean Davison ermittelt. Der Vorwurf: unerlaubte Sterbebegleitung.

Mehr aus Solothurn

kleine emme
Im Kanton Solothurn
Unfall Solothurn
1 Interaktionen
Solothurn
Solothurn
3 Interaktionen
Solothurn
Büsserach

Mehr aus Aargau

Büro von 20 Minuten.
3 Interaktionen
Aargau
FC Aarau
4 Interaktionen
Auf Aufstiegskurs