Solothurner Filmtage eröffnen mit neuer Perspektive auf Adoboli

Der Dokumentarfilm von zwei Schweizer Filmemachern über den Betrugsskandal des früheren UBS-Bankers Adoboli von 2012 eröffnet die 61. Solothurner Filmtage.

Zwei Schweizer Filmemacher haben sich dem Skandal um den früheren UBS-Investmentbanker Kweku Adoboli gewidmet, der 2012 wegen Betrugs verurteilt worden war. Mit dem Dokumentarfilm eröffnen die 61. Solothurner Filmtage.
Die Filmtage eröffnen am 21. Januar 2026 mit der Weltpremiere des Dokumentarfilms «The Narrative» von Bernard Weber und Martin Schilt, wie die Veranstalter am Donnerstag mitteilten. Der Film erzählt die Geschichte des früheren UBS-Investmentbankers, welcher der grössten Schweizer Bank 2011 mit Handelsspekulationen am ETF-Desk der UBS in London einen Handelsverlust von 2,3 Milliarden US-Dollar eingebrockt hat.
Jenseits der Schlagzeilen: Die Geschichte von Kweku Adoboli
Der Film zeige erstmals die persönliche Reflexion von Adoboli und seinem Umfeld über die Umstände und Motive, die zu diesem Verlust und zum Bruch in seiner Biografie geführt haben, hiess es. Die Geschichte hinter den Schlagzeilen soll beleuchtet werden; Schuld, Verantwortung und systemische Mechanismen in der globalen Finanzindustrie werden thematisiert.
«Unser Film ist ein Plädoyer für eine Fehlerkultur in der Finanzindustrie und gegen Vorverurteilungen», lassen sich die Co-Regisseure Weber und Schilt zitieren. «In diesem einzigartigen Fall der Schweizer Wirtschaftsgeschichte möchten wir die Frage nach Verantwortung neu und differenzierter stellen.»
Adoboli – Zwischen Schlagzeilen und persönlicher Geschichte
Der Film untersuche auch die Macht medialer Erzählungen und mache deutlich, wie schwierig es ist, diesen zu entkommen, so Niccolò Castelli, künstlerischer Leiter der Solothurner Filmtage. «Das Publikum lernt nicht nur den Fall, sondern auch den Menschen Kweku Adoboli kennen.»
Schilt ist unabhängiger Dokumentarfilmproduzent und Regisseur. Er hat mehrere Kinodokumentarfilme realisiert und produziert, gemeinsam mit Bernard Weber «Die Wiesenberger – No Business Like Show Business». 2008 gründete er zusammen mit Belinda Sallin die Zürcher Produktionsfirma Lucky Film.
Weber arbeitet seit 1991 als unabhängiger Filmemacher und hat unter anderem den preisgekrönten Film «Der Klang der Stimme» realisiert. Zudem produziert er mit seiner Produktionsgesellschaft Artisan Films Dokumentarfilme.
Ehrengast der Eröffnungsfeier wird Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider sein. Die Filmtage laufen vom 21. bis 28. Januar 2026. Es werden rund 150 Kurz- und Langfilme in den Kategorien Dokumentarfilm, Spielfilm und Animation gezeigt. Die Veranstalter rechnen mit über 60'000 Eintritten. Das detaillierte Programm wird kommenden Mittwoch (10. Dezember) vorgestellt.
Von allen gesehen, von niemandem gestoppt: Der Fall Adoboli
Adoboli hatte bei den Handelstransaktionen, die 2011 zu dem grossen Verlust geführt hatten, unautorisiert mehr Geld eingesetzt als er durfte. Vor Gericht gab er zu, Risikovorschriften der Bank missachtet und mit geheimen Konten gearbeitet zu haben. Eine beträchtliche Anzahl von Leuten habe jedoch davon gewusst, es sei «von allen um uns herum» akzeptiert worden.
2012 wurde Adoboli zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt, konnte das Gefängnis aber 2015 vorzeitig verlassen. Die britischen Behörden legten ihm ein lebenslanges Berufsverbot auf.
2018 wurde er nach Ghana abgeschoben. Adoboli war als Kind nach Grossbritannien gekommen und dort aufgewachsen, hatte aber keinen britischen Pass. In der Folge des Londoner Zocker-Skandals trat auch der damalige UBS-Chef Oswald Grübel zurück.




