Nach dem Tod von Nick: Über 3000 Ärzte ohne Diplom

Vivian Balsiger
Vivian Balsiger

Aarau,

Ein 22-Jähriger stirbt in der Psychiatrie Königsfelden an einer Überdosis. Die behandelnde Ärztin hatte kein anerkanntes Diplom. In der Schweiz kein Einzelfall.

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In der Schweiz praktizieren über 3000 Ärzte ohne anerkanntes Diplom. (Symbolbild) - pixabay

Das Wichtigste in Kürze

  • Über 3000 Ärzte ohne anerkanntes Diplom arbeiten in der Schweiz, oft in der Psychiatrie.
  • Nick starb nach Methadonabgabe durch eine nicht anerkannte Ärztin ohne genügende Aufsicht.
  • Nun liegt eine Aufsichtsbeschwerde gegen die Klinik vor.

Nick hatte psychische Probleme und wollte mit den Drogen aufhören. Stattdessen stirbt er Anfang Februar 2023 am Hauptstandort der Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG) in der Klinik Königsfelden.

An einer Methadonüberdosis – allein, unbemerkt. Über diesen und weitere Todesfälle berichtete das «Magazin» des «Tagesanzeigers».

Jetzt liegt eine Aufsichtsbeschwerde gegen die PDAG vor. Im Zentrum steht auch die Frage: Hätte die behandelnde Ärztin überhaupt in dieser Position arbeiten dürfen?

Denn: Die Frau aus Osteuropa hatte weder ein in der Schweiz anerkanntes Diplom noch einen Facharzttitel. Sie ist damit kein Einzelfall.

Über 3100 Mediziner mit nicht anerkannten Abschlüssen arbeiten laut Bundesamt für Gesundheit hierzulande. Obwohl aus Drittstaaten stammende Diplome offiziell nicht anerkannt werden. Der Grund: akuter Ärztemangel.

Alter ist auch ein Problem

«Der Fachkräftemangel ist gerade in der Psychiatrie enorm», sagt Philip Bruggmann, Co-Chefarzt beim Zürcher Suchtzentrum Arud. Bei Stellenausschreibungen in der Psychiatrie kämen viele Bewerbungen aus Osteuropa.

Dazu kommt noch ein Altersproblem. 2023 waren 27,5 Prozent der in der Schweiz tätigen Psychiater über 65 Jahre alt. Über 90 der praktizierenden Ärzte waren 2024 80-jährig oder älter. Drei davon waren sogar über 90 (!)Jahre alt.

Ganze 40 Prozent der hierzulande praktizierenden Mediziner kommen aus dem Ausland. Dabei seien, so Bruggmann, gute mündliche Deutschkenntnisse nicht immer gegeben, was aber in der Psychotherapie zentral sei.

«Doch bei fehlender Auswahl kommt es trotzdem zu Anstellungen», so der Chefarzt.

Keine Methadon-Toleranz

Nick war nur eineinhalb Tage in der Klinik. Dort verordnete ihm die stellvertretende Oberärztin eine Methadon-Therapie – ohne Urintest, zusätzlich mit hohen Dosen des Beruhigungsmittels Temesta. Obwohl klar war, dass eine solche Therapie nicht angezeigt war.

Laut Obduktionsbericht war die Methadonmenge tödlich – möglicherweise verstärkt durch das Temesta. Trotz des fehlenden Diploms arbeitete die Ärztin aber faktisch wie eine Kaderärztin: Sie traf Behandlungsentscheide, verordnete Medikamente, war Vorgesetzte eines weiteren Arztes – ebenfalls ohne anerkanntes Diplom.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung, es gilt die Unschuldsvermutung.

Fühlst du dich bei deinem Arzt gut aufgehoben?

Die Eltern von Nick verlangen nun eine unabhängige Untersuchung. Sie werfen der Klinik massive organisatorische Mängel vor – und sehen in der Beschäftigung der Ärztin einen klaren Rechtsbruch.

Gefälschtes Diplom

SRF berichtete kürzlich, dass bei der PDAG, am Standort Windisch, auch eine angebliche Ärztin mit gefälschtem Diplom gearbeitet haben soll. Dort habe sie seit Januar 2022 Psychiatrie-Patienten behandelt, Diagnosen gestellt und Medikamente verschrieben. Die 40-Jährige bestreitet die Vorwürfe.

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