Polizei Aargau setzt im Rotlichtmilieu auf Kontrolle und Vertrauen

Die Aargauer Kantonspolizei verfügt über einen Fachbereich «Milieu», der laut Regierungsrat präventiv und repressiv tätig ist.

Bei der Aargauer Kantonspolizei besteht ein Fachbereich «Milieu». Dieser ist nach Angaben des Regierungsrats in der Repression und Prävention tätig. Die Polizei führt mit von Gewaltdelikten betroffenen Sexarbeitenden Gespräche. Dabei werden auch Schutzmassnahmen geprüft.
Die Kantonspolizei nehme im Rotlichtmilieu zur Aufklärung und Verhinderung von Straftaten, zur Sicherstellung von Ruhe, Sicherheit und Ordnung sowie zu Opfererkennung und Vertrauensaufbau regelmässig Kontrollen vor, schreibt der Regierungsrat in der am Freitag veröffentlichten Antwort zu einer Interpellation aus den Reihen der SP und SVP.
Würden bei Kontrollen oder aufgrund von Meldungen mutmasslich Betroffene von Gewaltdelikten festgestellt, so würden niederschwellig formlose Einzelgespräche geführt, Sofort- und Schutzmassnahmen geprüft oder eingeleitet und Visitenkarten für eine spätere Kontaktaufnahme abgegeben.
Spezifisch geschulte Mitarbeitende mit Fachwissen und Erfahrungen würden diese Amtshandlungen vornehmen. Die Kantonspolizei verfüge über den spezialisierten Fachbereich «Milieu». Dieser sei für solche Fälle zuständig und mit einem Gesamtpensum von 200 Stellenprozenten sowohl in der Prävention als auch in der Repression tätig.
Leistungsvertrag zur Unterstützung von Sexarbeitenden
Der Aargau ging mit dem Verein Sexuelle Gesundheit Aargau vor zwei Jahren einen Leistungsvertrag zur Führung einer niederschwellig erreichbaren Beratungsstelle für Sexarbeitende ein. Der Aufwand für das drei Jahre dauernde Pilotprojekt beträgt 112'500 Franken. Der Kanton steuerte 25'000 Franken ans Projekt bei.
Nach Angaben des Regierungsrats schliessen sich repressive Massnahmen und ein Aufbau von Vertrauen nicht zwangsläufig aus. Im Gegenteil seien in der polizeilichen Praxis damit bereits positive Erfahrungen gemacht worden.
«Gerade das repressive Handeln, insbesondere gegenüber Betreiberinnen und Betreibern von Etablissements im Bereich des Sexgewerbes, kann gegenüber Sexarbeitenden ein Zeichen von Unbestechlichkeit und rechtsstaatlicher Verlässlichkeit setzen, was sich förderlich auf den Vertrauensaufbau auswirkt», heisst es in der Antwort des Regierungsrats.
Dies sei besonders bedeutsam, da viele Sexarbeitende aus Ländern stammten, in denen Korruption weit verbreitet sei und das Vertrauen in staatliche Institutionen entsprechend gering ausgeprägt sei.
Gewaltbetroffene wenden sich selten an die Polizei
Es sei jedoch davon auszugehen, dass sich gewaltbetroffene Sexarbeitende nur in Ausnahmefällen an die Polizei wendeten. Häufig werde erlebte Gewalt entweder abgestritten oder verharmlost. Dies sei insbesondere auf Abhängigkeitsverhältnisse, fehlende Perspektiven oder Angst vor Repressalien zurückzuführen.
«Hinzu kommt oft ein gestörtes Vertrauen in staatliche Institutionen, was teilweise auf die Herkunft der betroffenen Personen und ihre negativen Erfahrungen mit Behörden in ihren Herkunftsländern zurückzuführen ist», so der Regierungsrat: «Umso bedeutender ist es für die Kantonspolizei, dass bereits in Erstgesprächen gezielt Vertrauen aufgebaut wird.»