Eltern machen vor Obergericht AG Liebe geltend

In der Berufungsverhandlung um die Tötung eines schwerbehinderten Kindes behaupten die Eltern, aus Liebe gehandelt zu haben.

In der Berufungsverhandlung um die Tötung eines schwerbehinderten Kindes haben die beschuldigten Eltern am Dienstag vor dem Aargauer Obergericht geltend gemacht, aus Liebe gehandelt zu haben. Der Staatsanwalt warf ihnen Egoismus vor. Zur unbestrittenen Tat kam es am Abend des 6. Mai 2020 in der Familienwohnung in Hägglingen AG.
Die Eltern gaben der zerebral schwer behinderten Dreijährigen einen mit Ecstasy versetzten Schoppen. Die Kleine wurde benebelt, nahm laut den Eltern nichts mehr wahr, atmete immer flacher. Schliesslich legte ihr der Vater die Hand über Mund und Nase, bis die Atmung ganz aufhörte.
Das Bezirksgericht Muri-Bremgarten sprach die Eltern im September 2024 der vorsätzliche Tötung schuldig und sprach eine Freiheitsstrafe von je acht Jahren aus. Zudem ordnete es für die beiden Deutschen Landesverweisungen von je 10 Jahren an.
Anklage fordert härtere Strafen
Gegen die Urteile gingen die Beschuldigten und die Anklage in Berufung. Die Staatsanwaltschaft hatte Verurteilungen wegen Mordes und 18 Jahre Freiheitsentzug gefordert, die Landesverweisungen sollten für die Maximaldauer von 15 Jahren gelten. Die Beschuldigten hätten das Kind loswerden wollen, es sei ihnen lästig geworden.
Die Verteidiger hatten auf Totschlag plädiert. Die Eltern hätten aus einer entschuldbaren, schweren seelischen Belastung heraus gehandelt. Es sei ihnen nicht darum gegangen, es loszuwerden. Sonst hätten sie es in einer Institution abgeben können. Angemessen seien teilbedingte dreijährige Freiheitsstrafen, auf Landesverweise sei zu verzichten.
Grossmutter ebenfalls angeklagt
Die Grossmutter des getöteten Kindes war der Gehilfenschaft zum Mord angeklagt. Sie sollte laut Staatsanwaltschaft mit fünf Jahren Freiheitsentzug und ebenfalls 15 Jahren Landesverweisung bestraft werden. Das Bezirksgericht sprach sie jedoch frei, was die Anklage anfocht. Auch sie stand am Dienstag vor Obergericht.
Die Eltern erklärten in ihren Befragungen, sie hätten aus Liebe zur Tochter gehandelt. Angesichts der schweren mehrfachen Behinderung mit ständigen Schmerzen, ohne Aussicht auf Heilung oder auch nur deutliche Verbesserung hätten sie das Kind erlösen wollen.
Versuchter «Erlösungs»-Mord scheiterte zunächst
Sie hatten dies schon ein paar Monate vorher mit Schlafmitteln tun wollen. Das Mädchen wachte aber wieder auf. Sein Zustand sei immer schlimmer geworden. Es habe zunehmend gelitten. Da hätten sie sich zur Tat entschlossen.
Das Obergericht eröffnet die Urteile am späteren Nachmittag.